Mit dem Motorrad entlang der Jakobswege ...

... durch Frankreich, über St.Jean-Pied-de-Port, nach Santiago de Compostela und ans "Ende der Welt": Kap Finisterre... zurück, ein Stück entlang dem aragonesischen Weg, über Jaca.Um diese, über 5000 km lange, Reise, die am 17.5.2010 begann und am 3.6.2010 endete, geht es in diesem Blog (aktuellster Beitrag oben! Beginn der Reise "unten").

Ein spezielles Interesse lag auf den Templerorten und der Geschichte des Jakobsweges.


Sonntag, 15. Juni 2014

Tag 9 - das Bierzo - Reisebericht 21

In Molinaseca hatten wir noch unsere Sachen getrocknet und eingepackt. Kaum verließen wir jedoch den Ort, fing es auch schon wieder an zu regnen.
Wohl weil ich einfach nicht gleich wieder halten wollte, dachte ich, das hört schon wieder auf, obwohl der Himmel etwas anderes verhieß.
Nur ein paar Kilometer weiter, zwang uns ein Wolkenbruch zum Anhalten, wollten wir nicht riskieren, nass zu werden bis auf die Haut.
Wieder bewährten sich die Held-Regenklamotten. Selbst ohne die Möglichkeit sich hinzusetzen oder irgendwo anzulehnen, war es kein Problem die Hosen, auch über die Stiefel anzuziehen. Meine Handschuhe hingegen, die ein bisschen Regen schon standhalten, hatten aufgegeben. Die Handinnenfläche aus Känguruhleder, fühlte sich so glitschig an, wie nasses Fensterleder. Ein Glück hatten wir meine alten Gore-Tex-Handschuhe mitgenommen.
So eingepackt und im Regen, ging die Lust etwas zu besichtigen gegen Null. Mit Bedauern gingen wir bei Ponferrada auf die Autobahn und fuhren an der Stadt mit der Templerburg genauso vorbei, wie an Villafranca del Bierzo und Vega de Valcarce. Der Rückweg würde vielleicht noch eine Chance bieten.

Umgeben von Gebirgen, hat das Becken des Bierzos ein ganz eigenes angenehmes Klima und lange, nahezu abgeschnitten vom übrigen Spanien auch einiges an Eigenheiten bewahrt.
Wenn man auf der Autobahn hindurchfährt, bekommt man davon leider nichts mit.

Aus dem Becken heraus, geht es über die Kantabrischen Kordilleren, einem Gebirgszug, der das "grüne Spanien" Galicien, von Zentralspanien trennt.
Obwohl wir, weil wir ja meistens über Land gefahren waren, Autobahnen zu schätzen wussten, fluchte ich über diese Strecke nicht schlecht.
Die Autobahn führte entweder zwischen Gebirgshängen durch Schluchten, über unglaublich hohe und lange Brücken oder durch Tunnel. Der Wind fegte durch die Gebirgskorridore und versetzte mich auf einer Brücke schon einmal um halbe Spur, sodass ich sicherheitshalber zur Mitte orientiert fuhr, um nicht irgendwann  doch einmal an der Leitplanke zu hängen.

Wenn man Scrambler fährt, ist man eigentlich gewohnt, im Wind zu sitzen. Hier wurde das Ganze aber wirklich anstrengend und ich hatte zu kämpfen, die Fuhre in der Spur zu halten.
Dazu kam noch der Regen, der uns weiterhin das Leben schwer machte. Hätte ich nun nicht schon unsere nächste Unterkunft gebucht gehabt, wäre dies ein Zeitpunkt gewesen, die Tagestour vorzeitig abzubrechen.
Bei Pedrafita O Cebreiro bogen wir dann von der Autobahn, auf eine gut ausgebaute Landstraße ab, die uns in die Berge und auf den 1300 m hohen Alto do Cebreiro hinauf führte.

GoogleMaps Karte des Streckenabschnitts

Fotos sind durch Anklicken z.T. erheblich vergrößerbar





Bei besserem Wetter wäre die Strecke perfekt zum Motorrad fahren gewesen.

Wir hielten auf dem Busparkplatz, neben der Straße. Die tiefhängendnen Wolken verwehrten uns die Aussicht, auf die umliegende Berglandschaft. Auf den Fotos sieht man trotzdem, wie bunt die Landschaft durch die Heide, den Ginster und die vielen Blumen ist.



Zu Fuß erkundete ich, ob für die Motorräder nicht ein besserer Parkplatz, in der Nähe des hier oben liegenden Dorfes , O Cebreiro, zu finden war.
Als wir sie sicher, hinter der Kirche wussten, sahen wir uns den Ort an.
O Cebreiro, ist, so klein er auch ist, einer der bedeutendsten Orte am Weg. Die Pilgerstation besteht schon seit dem Jahr 836 und die Kirche Santa Maria, ist die älteste am Jakobsweg.

Elías Valiña Sampedro, der hier Pfarrer war, sorgte eigenhändig dafür, dass der Jakobsweg neu gekennzeichnet wurde, restaurierte Santa Maria und eröffnete eine Pilgerherberge und eine Gaststätte.



                                                

In der Kirche Santa Maria soll sich im Mittelalter ein "Hostienwunder" ereignet haben, bei dem sich Wein und Brot, tatsächlich in Blut und Fleisch Jesu verwandelt haben soll.
Die Marienstatue soll vor diesem Wunder den Kopf geneigt haben.
Der betreffende Kelch "der galicische Gral" ist im Wappen von Galicien zu sehen.

O Cebreiro ist übrigens auch der erste galicische Ort, auf dem Weg nach Santiago. Ab hier wird nicht mehr kastellanisch kastilisch, sondern galicisch gesprochen.



Wie man sieht, hat man sich auf die Fremden eingestellt. In den, teilweise nach altherbrachter Art mit Roggenstroh bzw. Heide gedeckten, Wohnbauten, aber auch den neueren Gebäuden, findet man Souvenirläden, Spezialitätengeschäfte, Bars, Restaurants und Fremdenzimmer.


Wir waren etwa um 19.00 in O Cebreiro und zu dieser Zeit sind die Pilger schon lange nicht mehr am Laufen. Man begegnete ihnen zum Teil in Badelatschen und kurzen Hosen, darüber den Regenumhang. Ich vermute, die Herberge war gut besucht und O Cebreiro fest in Pilgerhand.

Die Pallozas (s.oben) gehen auf die vorrömischen Stämme der Keltiberer zurück. Man findet sie nur noch hier, in den Bergen, im Gebiet zwischen Leon und Galicien. Dieses Gebiet heißt "Ancares" und außer Bergen hat diese Region noch so einiges an Naturschönheiten, Flora und Fauna, sowie Monumenten zu bieten.

Die Pallozas besitzen keine Schornsteine. Der Rauch der Kochstelle zog durch das Dach ab und räucherte dabei Fleisch und Leder. Fenster gab es auch keine richtigen, nur kleine Löcher. Mensch und Vieh teilten sich den Innenraum, der durch leichte Abtrennungen unterteilt war, wobei man die Hanglage der Häuser nutzte. Auf einer oberen Ebene waren die Koch-, Arbeits- und Schlafstellen der Menschen. Auf einer unteren schiefen Ebene stand das Vieh. So konnte am Besten der Urin abfließen.

Erweiterte man die Pallozas, so nahmen sie eine ovale Form an. In späteren Zeiten wurden die Dächer nach arabischer Art mit Ziegeln oder mit Schieferplatten gedeckt, weiterhin jedoch außen mit Stroh oder Heidekraut isoliert.

Die Pallozas in O Cebreiro waren noch bis ins letzte Jhrdt. hinein bewohnt. Heute werden sie wahrscheinlich wegen der Touristen weiter erhalten. In einem davon soll es ein Museum geben. Leider haben wir keinen Hinweis entdeckt und ich vermute, wir wären sowieso zu spät zum Besichtigen gekommen.In Spanien findet man auch sogen. Castros. Siedlungen der Keltiberer, von denen nur noch die ringförmigen Grundmauern der Pallozas erhalten sind.






Ähnliche Häuser wie hier (s.o.) sahen wir in der Gegend auch ein paar mal. Es sind Vorratsspeicher, die wahrscheinlich immer noch bzw. wie hier wieder (weil neueren Datums) in Gebrauch sind. Uns wurde erzählt, dass O Cebreiro in diesem besonders schneereichen Winter, wie viele andere Bergdörfer auch, wochenlang von der Außenwelt abgeschnitten war und da haben sich solche Speicher sicher wieder verdient gemacht.

Die Wolken verzogen sich für kurze Zeit ein wenig und ließen die Sonne durch.


Doch dieser Tag war wettermäßig einfach nicht unserer. Nach dem Verlassen von O Cebreiro fing es schon wieder an zu regnen. Manchmal war es auch ein wenig neblig und so langsam schien es auch zu dämmern. Mir war kalt und ich wurde nun auch müde.

Noch bedenklicher war, dass mir allmählich das Gefühl für das Motorrad abhanden kam. Mit offenem Visier zu fahren, verbesserte wenigstens die Sicht. Die eisigen Regentropfen waren dann zwar wie Nadelstiche auf der Haut, sorgten aber für einen gewissen Grad an Wachheit.

Die 23 Kilometer ab O Cebreiro führten uns auf einer im Normalfall wunderbaren Strecke noch über zwei Pässe. Dann endlich fanden wir das Hinweisschild auf unsere nächste und letzte Unterkunft vor Santiago de Compostela und wir bogen von der Landstraße ab.

Es waren die längsten 23 km die wir bis dahin gefahren waren.

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