Mit dem Motorrad entlang der Jakobswege ...

... durch Frankreich, über St.Jean-Pied-de-Port, nach Santiago de Compostela und ans "Ende der Welt": Kap Finisterre... zurück, ein Stück entlang dem aragonesischen Weg, über Jaca.Um diese, über 5000 km lange, Reise, die am 17.5.2010 begann und am 3.6.2010 endete, geht es in diesem Blog (aktuellster Beitrag oben! Beginn der Reise "unten").

Ein spezielles Interesse lag auf den Templerorten und der Geschichte des Jakobsweges.


Sonntag, 15. Juni 2014

Tag 9 - über den Rabanal - Reisebericht 20

GoogleMaps Karte

Nicht weit von Astorga, dem Verwaltungssitz der Maragateria, liegt Castrillo de los Polvazares. Auch hier gibt es den Touristenparkplatz am Ortseingang und so stellten wir unsere Motorräder dort ab, um wieder einmal, dieses mal in leichtem Nieselregen, auf einen Erkundungsstreifzug zu gehen.









Castrillo präsentierte sich an diesem trüben Tag fast menschenleer und obwohl es sich um ein ganz normales, wenn auch ursprünglich erhaltenes Dorf handelt, hatte man das Gefühl durch ein Freilichtmuseum zu gehen.




Das Hauptgewerbe der früheren Maragatos, der Transport von Gütern mit Fuhrwerken, erklärt viele Eigenheiten des Ortes.
Die Straßen sind hier viel breiter, als die Gassen in anderen spanischen Dörfern am Jakobsweg und sie sind mit kleinen Steinen oder größeren Platten gepflastert, sodass auch bei schlechtem Wetter die Räder der Fuhrwerke nicht versinken konnten.
Die Tore zu den Gehöften sind groß und entweder halbrund für Planwagen oder rechteckig für die Karren. Die weiße Umrandung ist in der Nacht sicher hilfreich.
Vor den Häusern gibt es mehr oder weniger große Steinbänke. Sie erleichterten den Fuhrleuten das Aufsteigen.

Es fiel uns gleich auf, dass Geschäfte fehlten. Wenige Hinweistafeln informierten über den Verkauf von Honig, oder ließen erkennen, dass man hier zu mittag essen könnte.
Und dann sahen wir einen modernen Maragato, der seinem Geschäft nachging. Er fuhr mit einem Transporter durch die Straßen und stellte sich als motorisierter Tante-Emma-Laden heraus.



Zurück auf dem Parkplatz unterhielten wir uns mit einem deutschen Fahrradpilger, dem unsere Motorräder aufgefallen waren und machten uns dann ebenfalls auf, den Rabanal zu bezwingen.

Dazu folgten wir der früheren Römerstraße hinauf auf den Monte Irago/Rabanal.
Vor 2000 Jahren transportierten hier die Römer das Golderz aus den spanischen Minen ab. Weil man auf der Höhe eher den Überblick , über das Gelände rundrum hat, als in einem Tal, wählten sie den Weg über den Gipfel.

Heute ist die Straße zwar asphaltiert, doch gehört sie zu den schlechtesten, die wir in Spanien befahren haben. Schmal, teilweise verschmutzt und holprig, ließ sie, besonders nach dem Abzweigen nach El Ganso, lediglich ein Tempo um 30 km/h zu.
Inzwischen entschied sich das Wetter für Regen. Die Temperaturen sanken und ich war froh mit Ähnlichem gerechnet zu haben. Unter der Motorradmontour war ich warm eingepackt.
In El Ganso hielten wir am Dorfkirchlein an und nutzten, wie andere auch, den Vorraum der Kirche zum Überziehen der Regenklamotten. Die Straße ist hier gleichzeitig auch der Jakobsweg und so tuckerten wir noch langsamer durch die Heidelandschaft, die uns mit Ginster, Lavendel und zahllosen blühenden Kräutern, für die Unannehmlichkeiten entschädigte.

An Rabanal del Camino vorbei, führte uns die Straße immer höher. Leider verhinderten die tiefhängenden Wolken jegliche Sicht auf die uns umgebenden Gebirgsketten. Der mittelalterliche Pilger hatte in dieser einsamen und rauen Landschaft nicht nur mit Wegelagerern, Wölfen und Bären zu rechnen, sondern auch mit plötzlichen Wetterumschwüngen. Auch heute noch, wo in jedem Ort Pilgerherbergen stehen, verlangt der Rabanal einiges von den Pilgern an Trittsicherheit, Kondition und Durchhaltevermögen.

Nach dem Niedergang der Pilgerei, setzte in vielen Orten am Jakobsweg ein Rückgang der Bevölkerungszahlen ein. Manch ein Dorf wurde völlig verlassen und verfiel. Dieses Schicksal ereilte auch unseren nächsten Haltepunkt: Foncebadon.

Kurz vor dem Gipfel gelegen, besaß der Ort, dessen Geschichte ins 10. Jhrdt zurück geht, im Mittelalter eine Einsiedlergemeinschaft, ein Pilgerhospital, eine Herberge, eine Kirche usw.
Noch bis vor einigen Jahren galt Foncebadon jedoch als Geisterdorf.
In den letzten Jahren gehen nun aber die Pilgerzahlen wieder in die Höhe und inzwischen gibt es auch einen regelrechten, von manchen gar nicht gern gesehenen, Jakobswegstourismus.

Zwei Schriftsteller halfen mit, diesen Trend noch mehr zu beleben: Paul Coelho und Hape Kerkeling. Beide beschreiben in ihren Büchern über den Jakobsweg, Begebenheiten in Foncebadon mit den "wilden Hunden" dort, weshalb der Ort inzwischen auch den Beinamen "Dorf der wilden Hunde" trägt.

Die Spanier jedenfalls scheinen etwas für Hape Kerkeling übrig zu haben, der ihnen einen sprunghaften Anstieg an deutschen Pilgern und Touristen beschert hat und selbst verlassene Orte wiederbelebt.
Ich meine jedenfalls an einer Hausmauer "Sankt Hape" gelesen zu haben :)

Passend zu dieser Vorrede, stand dann auch auf einer als Parkplatz genutzten Ausbuchtung neben der Straße in Foncebadon, gleich gegenüber der Gaststätte, ein deutscher Reisebus.
Diese Hütte neben der Gaststätte ähnelt mit dem Strohdach einem Palloza, ist aber eigentlich viel zu klein. Eventuell wollte man hier ein zusätzliches Fotomotiv schaffen.


Überall in Foncebadon treffen Verfall und Wiederbesiedelung aufeinander.
Ich erwischte sogar einen der "wilden" Hunde, auf dem Weg zu seinem Futterplatz, vor der Ruine eines Hauses. Im Hintergrund sieht man neue Wohnhäuser.



 Das Pilgeraufkommen war trotz des schlechten Wetters beträchtlich.
Inzwischen hatte der Regen noch weiter zugenommen.



Ein paar Kurven weiter hielten wir am Cruz de Ferro, dem Gipfelkreuz des Monte Irago auf 1500m. Das Kreuz ragt auf einem Holzstamm aus einem Steinhaufen, auf dem seit hunderten von Jahren, jeder Pilger einen weiteren Stein dazulegt. Diesen Stein nimmt man von zu Hause mit und schleppt ihn auf den Rabanal, um ihn hier mit all den unsichtbaren Bürden, die man mit sich herumgetragen hat, abzulegen.

Manche Pilger haben hier wohl etwas missverstanden und der Steinhügel sieht leider teilweise wie eine Müllhalde aus. Man findet Schuhe, Walking-Stöcke, Plastiktüten, T-shirts und andere Hinterlassenschaften.



Wieder ein Stückchen weiter kommt man am abenteuerlich aussehenden Örtchen Manjarin vorbei. Hier gibt es eine kleine, einfache, fast mittelalterlich anmutende Pilgerherberge, direkt neben der Straße, die noch bis vor Kurzem vom "letzten Templer am Jakobsweg" mit Namen Tomas geleitet wurde. Leider bin ich hier nicht auf dem letzten Stand. Jedenfalls scheint Tomas dort oben ganz jährig zu wohnen, anders als die an die meisten anderen Einwohner, die nur "in der Saison" da sind.

Hinter Manjarin endet die Maragateria und man kommt in die nächste Comarca: das Bierzo.

Die Straße führte nun mit entsprechenden Kurven, zum Teil steil bergab, durch das Dorf Acebo. Hier wurden wir arg auf die Probe gestellt. Zwischen den, direkt an der Straße stehenden Häusern, vor denen ab und zu dann auch mal ein Trog, ein Stuhl oder ein Fahrrad standen, führte eine Holperpiste bergab, wie wir sie vor- und nachher nicht gesehen hatten. Aus dem ausgewaschenen Beton standen Kieselsteine heraus. In der Mitte lief eine halbrunde Regenrinne die Straße hinunter und alle paar Meter lief eine ähnliche quer über die Straße.
Also tat es auch alle paar Meter einen kräftigen Schlag, obwohl ich so langsam wie eben möglich fuhr und mehr schlingerte, als wirklich geradeaus lenkte. Dabei musste ich natürlich aufpassen, dass ich nicht in die Mitte geriet, aber gleichzeitig einigen Löchern ausweichen.
Heilfroh diese Rüttelpiste geschafft zu haben verschnauften wir auf freier Strecke.

Und als hätten wir uns eine Belohnung verdient, verzogen sich die Wolken plötzlich und gaben nun doch noch einen Blick auf die Sierra del Teleno frei.




Die Straße kurvte weiter bergab. Mehrere Kilometer weit begleitete uns ein Blumenmeer neben der Straße, bevor es hinunter in eine Schlucht ging.
Diese Abfahrt, mit spektakulären Ausblicken, war von der Strecke her, ein echtes Highlight





Am Ende dieser Fahrt kamen wir nach Molinaseca, einem stimmungsvollen Ort mit einer römischen Brücke, einer altertümlich wirkenden Kirche und schmalen Gassen.




Wir trockneten unsere Sachen auf einem Parkplatz, zwischen Ort und Schrebergärten, aßen etwas von unseren Vorräten und spazierten durch die Straßen. Es war um 16.00 Uhr herum. Die kleinen Geschäfte hatten noch geschlossen. Wir tranken einen wohltuenden, großen Milchkaffee in einer Gaststätte, wo die Wirtsfamilie gerade zu mittag aß, als plötzlich Hufgeklapper ertönte.



Draußen ritten in lässiger Westernmanier einige Pilger auf Pferden vorbei. Angetan mit Lederleggins und gewachsten Mänteln, die Hüte tief ins Gesicht gezogen, zuckelten sie gemächlich vorbei. Wir staunten nicht schlecht.
Es sollten jedoch die einzigen reitenden Pilger bleiben, die wir zu Gesicht bekamen.








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