Mit dem Motorrad entlang der Jakobswege ...

... durch Frankreich, über St.Jean-Pied-de-Port, nach Santiago de Compostela und ans "Ende der Welt": Kap Finisterre... zurück, ein Stück entlang dem aragonesischen Weg, über Jaca.Um diese, über 5000 km lange, Reise, die am 17.5.2010 begann und am 3.6.2010 endete, geht es in diesem Blog (aktuellster Beitrag oben! Beginn der Reise "unten").

Ein spezielles Interesse lag auf den Templerorten und der Geschichte des Jakobsweges.


Samstag, 14. Juni 2014

Tag 6 - Durch die Rioja - Reisebericht 14

Am Samstag dem 22.5. machten wir als erstes gleich wieder einen Abstecher vom Jakobsweg und schlängelten uns hinauf zur Felsenburg Clavijo.

GoogleMaps Karte

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Nahe dieser Burg soll eine spektakuläre Schlacht gegen die Mauren stattgefunden haben und Jakobus selbst soll auf einem Pferd erschienen, und selbst mitgekämpft haben. Natürlich siegte die christliche Partei - doch das Ganze gehört wahrscheinlich ins Reich der Legenden - das heißt, die Schlacht hat wahrscheinlich so nie stattgefunden.

Trotzdem wird Jakobus sehr oft nicht als Pilger, sondern als Maurentöter dargestellt und sein Kreuzzeichen ist gleichzeitig ein Schwert.

Strategisch gesehen war es wohl um das Jahr 1000 herum auch sicher recht hilfreich, einen so streitbaren Heiligen vorweisen zu können. So ein Patron hilft bei der Rekrutierung von Kämpfern, lockt Pilger an, verschafft Klöstern und Ritterorden Zulauf etc....

Aus christlicher Sicht finde ich einen dreinhauenden Heiligen etwas unpassend, doch in Spanien sieht man das wohl anders, als anderswo, wo die Muslime nicht das Land besetzt hatten. Wer gegen die Mauren kämpfte, erwarb sich in der späteren katholischen Geschichtsschreibung fast automatisch einen Heiligenschein.




Die Burg wurde von den Mauren errichtet. Typisch für den orientalischen Einfluss ist der Hufeisenbogen über dem Tor.



Das Jakobskreuz ist auch Bestandteil des Wappens der Rioja



Obwohl wir nicht zur Burg direkt hinauf fahren konnten, sondern die Ruine nur schweißtreibend zu Fuß erreicht hätten, war dieser kleine Ausflug durch die Hügel der Rioja so ganz nach unserem Geschmack.

Auf kleinen und kleinsten Straßen, die oft ziemlich holperig waren schlugen wir uns quer durch die Rioja zurück zur Autovia und auf die N 120.
Unser Ziel war Tricio.

Dort steht außerhalb des Ortes eine Kirche westgotischen Ursprungs (5.Jhrdt) in der römische Säulen verbaut wurden, die Basilika Santa Maria de Arcos. Sie ist spanisches Nationalmonument, sowie das älteste, religiöse Bauwerk der Provinz La Rioja und schon deshalb einen Halt wert. Außerdem bot sich dieser Punkt, von der Uhrzeit her, für eine Rast an.



Die Kirche war verschlossen. Nur durch ein kleines Fenster in der Tür konnte man hineinsehen. Es hat fast den Anschein, als würden dort noch immer Ausgrabungen gemacht, oder als hätte man die dort gefundenen Gräber offen gelassen.





Gut erkennt man die korinthischen Säulen. Auf ihnen ruhen westgotische Bögen, die mit barockem Stuck überzogen sind.
Ein gutes Beispiel dafür, wie Bauwerke immer wieder dem Zeitgeschmack angepasst wurden.




Die Art der Anlage, mit Bänken und Papierkörben, einem großen Parkplatz und einem Dokumentationsraum, der auch geschlossen war, lässt ahnen, dass hier in der Hauptsaison vielleicht mehr los ist.


Die Gipfel der Sierra de la Demanda


Die Aussicht bestätigte das, was wir uns inzwischen schon gedacht hatten: Nordspanien ist eine einzige Berg- und Talbahn. Mal geht es durch sanftes Hügelland, dann durch Bergtäler hindurch, über Hochebenen und dann wieder kommen schneebedeckte Gipfel in Sicht.

Wir verließen Tricio und gelangten weiter über Nebenstrecken nach San Millan de la Cogolla, dem Highlight des 6. Reisetages.

Der Klosterkomplex von San Millan besteht aus zwei Klöstern, dem älteren Kloster Suso am Berghang, hoch über dem Tal und dem jüngeren Kloster Yuso.
Wir wollten uns das Kloster Suso ansehen. Dazu muss man sich in Yuso eine Eintrittskarte besorgen und wird dann mit einem Kleinbus nach Suso gefahren.

Souvenirläden, Gaststätten, Spezialitätenläden und Parkplätze umgeben das jüngere Kloster. Auch das ungewohnte Touristenaufkommen hier, macht deutlich, dass es sich bei dem Klosterkomplex um etwas Besonderes handeln muss. Tatsächlich gehört der Gesamtkomplex zum Weltkulturerbe.

Der Normaltarif betrug 3€. Mit Mühe erwischten wir den letzten Bus, der pünktlich um 13.25 Uhr, voll besetzt, startete. In der Hochsaison wird übrigens empfohlen, das Ticket rechtzeitig zu buchen!

Offizielle, ausführliche Webseite

Wikipedia

Ausführliche Seite mit vielen Fotos

Einige Minuten und ein paar Serpentinen später wurden wir vor der kleinen Kirche abgeladen und sofort aufgefordert hinein zu gehen. Das bewaffnete Wachpersonal(!) schloss hinter uns die Tür.




Die Pflichtführung ist auf spanisch und natürlich verstanden wir kein, Wort. Auch, dass man hier nicht, noch nicht einmal ohne Blitz, fotografieren darf, bekam ich erst mit, als man mich extra darauf hinwies.

Hinter dem Tor betritt man zunächst eine kleine Eingangshalle und dann ein Atrium mit einer offenen Rundbogenreihe. Unterhalb dieser Bögen stehen die Steinsärge von drei navarrischen Königinnen (zw.905 u. 1035). Gegenüber des Durchgangs steht ein Sarkophag aus römischer Zeit, der für den Lehrer der Infanten (Kinder) des Hauses Lara, Nuno Salido, verwendet wurde. An der rechten Mauer aufgereiht, stehen die sieben Särge der Infanten des Hauses Lara.

*über die sieben Särge von Suso*

Dass die Köpfe bei den menschlichen Überresten in diesen Särgen fehlen, scheint das Epos um die sieben Infanten ("siete infantes") zu bestätigen. Weiß man aber um den Umgang mit Reliquien im Mittelalter ein wenig mehr, genießt man diese Tatsache mit Vorsicht, denn die Körperteile von Heiligen gibt es in mehrfacher Ausfertigung und jedes Kloster bzw. jede Kathedrale behauptet das Original zu besitzen.
Und so scheint es die Überreste der Sieben Infanten auch in mehrfacher Ausfertigung zu geben.



An der Mauer über den Särgen befinden sich Ritzzeichnungen, die Mönche im 11. und 12. Jhrdt hier hinterlassen haben.


Blick hinunter nach Yuso
Im Kircheninneren trifft man auf westgotische, mozarabische und romanische Bauelemente. Vor allem die Hufeisenbögen beeindrucken und geben der Anlage ein orientalisches Flair.

*Exkurs: Baustile lesen*

Im Hintergrund gibt es mehrer Höhlen zu besichtigen. Sie sind der Ursprung der Kosteranlagen und wurden im 5. Jhrdt. vom heiligen Millan und seinen Schülern bewohnt.Dort steht auch der Sarkophag des Heiligen.

In späterer Zeit wurde über den Höhlen ein westgotisches Kloster errichtet.

Ist die Führung vorbei, muss man das Gebäude verlassen und wird mit dem Bus wieder hinunter nach Yuso gefahren. Eigentlich bräuchte es viel mehr Zeit um all die sehenswerten Details zu entdecken, oder aber man muss sich vorher gut informieren, damit der Besuch wirklich lohnt.




orientalische Ornamentik auf den mozarabischen Röllchenkonsolen für die Dachsparren





Das wichtigste für die Spanier sind aber nicht 1500 Jahre Geschichte, die hier Stein geworden sind, oder der heilige Millan, oder die 7 Infanten des Hauses Lara, sondern die Tatsache dass hier zum ersten Mal kastillisch und baskisch, also in der Volkssprache und nicht in Latein geschrieben, später auch gedichtet, wurde.

Suso scheint somit die Wiege der spanischen Schriftsprache/Literatur zu sein.

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